Montag, 7. März 2016

1. Hospitation: Jenaplan-Schule Nürnberg



Montag, der 29. Februar 2016


1. Hospitation im Jenaplan-Gymnasium Nürnberg
Heute stand die erste Schulhospitation an. Unsere Gruppe war ja gesplittet, das heißt nur die Nürnberger-Gruppe ist schon gleich früh morgens (kurz vor 8 Uhr) zum Jenaplan-Gymnasium gefahren wohingegen die zweite Hospitationgruppe (siehe Bild) erst später dazu gekommen ist. Empfangen wurden wir im Team-/Lehrerzimmer, wo wir bei Getränken und Keksen noch kurz letzte Details besprechen konnten. Nachdem alle Ungereimtheiten geklärt waren (z.B. bin ich noch in die erste Hospitations-Gruppe gewechselt, weil ich sonst als einzige bis 11.25 Uhr hätte warten müssen) sind wir peu a peu von den Stammgruppenleitern in die Klassenräume mitgenommen worden. Die Räume haben keine Nummern als Bezeichnungen, sondern Namen; so war ich zum Beispiel im Raum „Blue Hole“ (andere Räume sind u.a. „Jamaica“, „Hawaii“, „Atlantis“, „Madagaskar“). Die Stammgruppen sind altersgemischt und finden sich mindestens jeden Morgen vor Beginn des Unterrichts zusammen. Der Ablauf währenddessen variiert zwischen den einzelnen Gruppen.

Bei der Stammgruppe, bei der ich zusammen mit Michelle hospitiert habe, saßen die SchülerInnen schon im Sitzkreis und sind die Anwesenheit durchgegangen, welche dann nur noch den Stammgruppenleitern (ein Lehrer und eine Sozialpädagogin) mitgeteilt wurde. Als alle (SchülerInnen und Stammgruppenleiter sowie Michelle und ich) in dem Sitzkreis einen Platz gefunden hatten wurde die Gesprächsrunde eröffnet. Jeder, der wollte, konnte erzählen, was er oder sie am Wochenende gemacht hat. Die Stammgruppenleiter haben auch von ihren freien Tagen berichtet und bei den SchülerInnen zum Teil nachgefragt. Dabei ist mir aufgefallen, dass sich die Stammgruppenleiter sprachlich kaum von den Jugendlichen unterscheiden. Zum Schluss wurde noch kurz beschlossen, welche besonderen Termine etc. es diese Woche gibt (z.B. Vorbereitung auf die Trimester-Gespräche, Lerncoach-Gespräche, Tests, neue Aushänge, …). Danach hatten die SchülerInnen Zeit sich auf den Unterricht vorzubereiten, z.B. haben sie ihre Wochenpläne (Ziele für Haupt- und Nebenfach und Einschätzung des Lerncoachs und zusammen festgelegte Ziele (insbesondere bezüglich der sozialen Kompetenz)) erstellt und alle nötigen Utensilien für den Tag zusammengesucht, aber man kann die Zeit auch nutzen, um Hausaufgaben zu machen/zu beenden, letzte Absprachen (z.B. mit Mitgliedern einer gemeinsames Vortragsgruppe, auch wenn diese aus einer anderen Stammgruppe kommen, deswegen bleiben die Türen der Räume offen) zu treffen oder einer Präsentation den letzten Schliff zu geben. Das Logbuch, in dem die Wochenpläne/-ziele protokolliert werden, ist vor allem in den Klassen vor der 10. Stufe von Bedeutung, hier werden auch Hausaufgaben eingeschrieben und es dient als Übersicht, wann was gemacht wurde. Beendet wurde das „Stammgruppen-Meeting“ stehend im Kreis mit einer kurzen Verabschiedung von Seiten der Leiter. 

Als nächstes haben wir den eigentlichen Unterricht besuchen können. Zusammen mit Alina war ich im Mathematikunterricht einer 8. Klasse im Raum „Madagaskar“. Gestaltet ist auch dieser Raum thematisch passend zum Namen, z.B. mit Wandbildern. Begonnen wurde die Stunde von Instruktionen der Lehrerin (zuerst in Stillarbeit Gleichungssysteme lösen, wenn die SchülerInnen damit fertig sind, beginnt ein neues Thema mit Hilfe des „Lern-Mich“). Die Lehrerin geht im Klassenzimmer umher, um bei möglichen Problemen Hilfestellung leisten zu können (oder anzuregen, wer wem helfen könnte) und zu kontrollieren, ob die Lösungen richtig sind. 

Daraufhin habe ich mit Angelina im Chemieunterricht hospitiert. Hier begann die Stunde mit dem Ritual, aufzustehen und sich zu begrüßen, bevor die Lehrerin einige organisatorische Anmerkungen getätigt und angekündet hat, worum es in dieser Unterrichtsstunde gehen wird. Mit einem Arbeitsblatt, das die SchülerInnen bereits im Vorfeld bekommen hatten, wurde alles besprochen bis es jeder verstanden hat. Für mich war es sehr spannend zu beobachten, dass die Lehrerin auf jede Frage geduldig und ausführlich eingegangen ist, egal, ob diese schon gestellt wurde oder nicht. Besonders schön fand ich auch, dass sie sehr viel gelobt hat (für richtige Antworten und für spezielle Fragen, die einen tiefergehenden Gedankengang vermuten lassen). 

Die Hospitation der ersten Gruppe von uns war danach leider schon beendet, deswegen haben wir uns alle vor dem Lehrerzimmer gesammelt, um dann zu entscheiden, was wir machen wollen. Wir hatten uns dafür entschieden, gemeinsam ein kleines Lokal oder ähnliches zu finden, wo wir gemütlich Mittagspause machen konnten. Glücklicherweise war schräg gegenüber eine kleine Pizzeria, die auch Mittagsmenüs angeboten hat. Bei Pizza, Pasta oder Suppe (ganz individuell) haben wir inspirierende Gespräche geführt, nicht nur über unsere Erfahrungen während der Hospitation, sondern über ganz unterschiedliche Themen. 

Zurück in der Schule haben wir uns für ein Gespräch mit Claudia Faller mit der anderen Hospitationsgruppe getroffen. Gemeinsam führen wir an jeder Schule ein Interview mit der Schulleitung oder einer für uns zuständigen Person. Dabei können wir alle Fragen stellen und beantwortet bekommen, die während der Hospitation nicht geklärt oder neu aufgeworfen wurden. Auf diese Weise sprechen wir diverse Themen an, die uns beschäftigen, die schulspezifisch und/oder übergreifend sind. So fragen wir zum Beispiel, welche Kulturen und Traditionen an der Schule gepflegt werden, wie an dieser Schule evaluiert wird, welche besonderen Lernangebote es gibt, wie mit Heterogenität umgegangen wird/inwieweit Inklusion umgesetzt wird, ...
Bei dieser Schule gab es natürlich auch ganz spezifische Besonderheiten, wie beispielsweise: 
  • Im Internet gibt es ein Forum ("Lob Mich"), in dem die SchülerInnen die LehrerInnen bewerten können. Zusätzlich holen sie sich einmal jährlich jemanden, der sie in ihrer großen Feedback-Einholung (von PädagogInnen, SchülerInnen und Eltern) unterstützt.
  • Regeln wurden zusammen mit der SMV (also gemeinschaftlich mit SchülerInnen) erstellt. Daraufhin werden diese (neuen) Regeln in die Stammgruppen reingetragen und so wird gewährleistet, dass jeder Schüler und jede Schülerin Bescheid weiß, was verboten ist. Inwieweit Regelverstöße geahndet werden, hängt aber von der jeweiligen Lehrperson ab.
  • Sechs Wochen im Jahr (am Stück) wird vernetztes Lernen angewandt. Das heißt, über dieses Zeitraum von sechs Wochen beschäftigen sich alle SchülerInnen mit einem fächerübergreifenden Thema/Projekt. Jeder Schüler bzw. jede Schülerin bekommt eine eigene große Mindmap mit den Fächern und sie können sich während dieser sechs vorbereitenden Wochen Notizen machen, wie die Unterrichtsinhalte fächerübergreifend vernetzt sind. Dabei sind die Projektgruppen altersdurchmischt. Am Ende werden die Ergebnisse bei einer Feier präsentiert. 
  • Immer in den letzten 30 Minuten des 90-minütigen Fachunterrichts sollen die SchülerInnen selbstständig den Unterrichtsstoff verinnerlichen (durch Übungen etc.), möglichst ohne Hilfe des Pädagogin bzw. der Pädagogin. 
  • Alle Eltern sollen 15 Stunden im Jahr an der Schule arbeiten/mithelfen (z.B. streichen, eine AG anbieten, in der Bibliothek oder Mensa aushelfen). Alternativ werden sie dazu angehalten, mehr Schulgeld zu bezahlen.
  • Die SchülerInnen werden durch individuelle Coaching-Gespräche in ihrer Lernentwicklung begleitet und angeregt, worin sie sich noch verbessern können. Zusammen werden besondere Wochenziele festgehalten, aber besprochen wird auch, was einem bisher schon gut gelingt. 
  • Leistungen werden (bis zur 10. Klasse) mit Hilfe von Kompetenzrastern evaluiert. Dazu gehören Checklisten, die die Schritte auf dem Weg zu einer besseren Kompetenz zeigen. Der Übergang wird so gestaltet, dass SchülerInnen in der 10. Klasse sowohl mit dem Kompetenzraster als auch mit Noten bewertet werden. (Ohne Noten wären für das Abitur mehr (Abi-) Prüfungen nötig.)

Flur in der Jenaplan-Schule und wir auf dem Weg zum Unterrichtsbesuch
Uns hätten noch viele weitere Aspekte interessiert, aber sowohl die Lehrkraft als auch wir (unsere zweite Gruppe) mussten zurück in den Unterricht, weil die Mittagspause zu Ende war. Da ich ursprünglich auch in der zweiten Hospitationsgruppe eingeteilt war, habe ich die Gelegenheit genutzt und habe noch den Geographieunterricht der 7. Klasse besucht. Die Lehrerin hat ein neues Thema eingeführt ("Tourismus"). Dafür hat sie einen Filmclip gezeigt, zu dem sich die SchülerInnen zu drei vorher präsentieren Fragen (die Lehrerin hatte die Fragen an die Tafel geschrieben) Stichpunkte notieren sollten. Diese wurden hinterher im Plenum besprochen. In einer Gruppenarbeit sollten sich die SchülerInnen auf eine Diskussion vorbereiten, um das eben (neu) Erfahrene zu verinnerlichen. Leider hat die Lehrerin die Diskussion dann aufgrund der herrschenden Unruhe verfrüht abbrechen müssen. Nach einem ernsten Gespräch über das Arbeitsverhalten bzw. die Arbeitsatmosphäre, die die Lehrerin erwartet, wurden die SchülerInnen dann in den Nachmittag entlassen. 


Unsere Lernreise-Gruppe hat dann, auf unsere vier Autos verteilt, Nürnberg verlassen. Der nächste Stop war Landau, wo wir am folgenden Tag in der Montessori-Schule hospitieren würden. Inzwischen hatte leider Schneefall eingesetzt, deshalb war die erste Hälfte der Fahrt durch relativ schlechte Sichtverhältnisse charakterisiert. Zum Glück hat uns das nicht unsere gute Auto-Laune verdorben. In der Schule angekommen, wurden wir auf dem Parkplatz von Frau Lippert begrüßt, die im Schulgebäude auf uns gewartete hatte. Mit einem gemütlichen Gespräch haben wir uns die (Warte-) Zeit bis wir in die Turnhalle (unsere Unterkunft) hinein konnten verkürzt. Zusammen sind wir in der Turnhalle angekommen und wurden von Edwin, dem Hallenwart, herumgeführt. Dank "Teeküche" konnten ein paar von uns relativ schnell damit beginnen, das Abendessen vorzubereiten, während der Rest das Schlaflager (siehe Foto) hergerichtet hat. Wir konnten duschen und uns in Ruhe bettfertig machen bevor wir mit einer Teamsitzung gestartet sind. Eingestiegen sind wir mit drei Fragen (nacheinander):


1. Wie war dein Lernreisetag in drei Worten?
--> z.B. Herzklopfen, Motivation, Freundlichkeit, Euphorie, herzlich, lecker, Lernweg, Dankbarkeit
2. Was hat dich heute bewegt?
--> z.B. die offene und dynamische Struktur, die Motivation der Lehrenden, das Lehrer-Schüler-Verhältnis, das Lerncoaching, ein super tolles Arbeitsblatt im Englischunterricht
3. Was möchtest du (morgen) noch optimieren?
--> (Ziel für sich selbst:) aufmerksamer sein, früher aufstehen, damit wir wirklich pünktlich kommen trotz möglicher Verzögerungen

Abschluss des Tages war die Vorstellung der Montessori-Schule Landau von Michelle. Damit haben wir uns schon am Abend mental auf die nächste Hospitation einstellen können. Nachdem wir alle informiert waren und einen Lichtschalter für das Deckenlicht der Turnhalle gefunden hatten sind wir mehr oder weniger schnell in unsere Schlafsäcke gehüpft und haben es uns so gemütlich gemacht wie möglich. Der Tag war lang gewesen, aber vor allen Dingen, war es unglaublich interessant, aufregend, anregend, spannend und hat Lust auf mehr gemacht.

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