Montag, der 29. Februar 2016
1. Hospitation im Jenaplan-Gymnasium Nürnberg |
Bei der Stammgruppe, bei der ich zusammen mit Michelle
hospitiert habe, saßen die SchülerInnen schon im Sitzkreis und sind die
Anwesenheit durchgegangen, welche dann nur noch den Stammgruppenleitern (ein
Lehrer und eine Sozialpädagogin) mitgeteilt wurde. Als alle (SchülerInnen und
Stammgruppenleiter sowie Michelle und ich) in dem Sitzkreis einen Platz
gefunden hatten wurde die Gesprächsrunde eröffnet. Jeder, der wollte, konnte
erzählen, was er oder sie am Wochenende gemacht hat. Die Stammgruppenleiter haben
auch von ihren freien Tagen berichtet und bei den SchülerInnen zum Teil
nachgefragt. Dabei ist mir aufgefallen, dass sich die Stammgruppenleiter
sprachlich kaum von den Jugendlichen unterscheiden. Zum Schluss wurde noch kurz
beschlossen, welche besonderen Termine etc. es diese Woche gibt (z.B.
Vorbereitung auf die Trimester-Gespräche, Lerncoach-Gespräche, Tests, neue
Aushänge, …). Danach hatten die SchülerInnen Zeit sich auf den Unterricht
vorzubereiten, z.B. haben sie ihre Wochenpläne (Ziele für Haupt- und Nebenfach
und Einschätzung des Lerncoachs und zusammen festgelegte Ziele (insbesondere
bezüglich der sozialen Kompetenz)) erstellt und alle nötigen Utensilien für den
Tag zusammengesucht, aber man kann die Zeit auch nutzen, um Hausaufgaben zu
machen/zu beenden, letzte Absprachen (z.B. mit Mitgliedern einer gemeinsames
Vortragsgruppe, auch wenn diese aus einer anderen Stammgruppe kommen, deswegen
bleiben die Türen der Räume offen) zu treffen oder einer Präsentation den
letzten Schliff zu geben. Das Logbuch, in dem die Wochenpläne/-ziele
protokolliert werden, ist vor allem in den Klassen vor der 10. Stufe von
Bedeutung, hier werden auch Hausaufgaben eingeschrieben und es dient als
Übersicht, wann was gemacht wurde. Beendet wurde das „Stammgruppen-Meeting“ stehend
im Kreis mit einer kurzen Verabschiedung von Seiten der Leiter.
Als nächstes haben wir den eigentlichen Unterricht
besuchen können. Zusammen mit Alina war ich im Mathematikunterricht einer 8.
Klasse im Raum „Madagaskar“. Gestaltet ist auch dieser Raum thematisch passend
zum Namen, z.B. mit Wandbildern. Begonnen wurde die Stunde von Instruktionen
der Lehrerin (zuerst in Stillarbeit Gleichungssysteme lösen, wenn die
SchülerInnen damit fertig sind, beginnt ein neues Thema mit Hilfe des
„Lern-Mich“). Die Lehrerin geht im Klassenzimmer umher, um bei möglichen
Problemen Hilfestellung leisten zu können (oder anzuregen, wer wem helfen
könnte) und zu kontrollieren, ob die Lösungen richtig sind.
Daraufhin habe ich mit Angelina im Chemieunterricht
hospitiert. Hier begann die Stunde mit dem Ritual, aufzustehen und sich zu
begrüßen, bevor die Lehrerin einige organisatorische Anmerkungen getätigt und
angekündet hat, worum es in dieser Unterrichtsstunde gehen wird. Mit einem
Arbeitsblatt, das die SchülerInnen bereits im Vorfeld bekommen hatten, wurde
alles besprochen bis es jeder verstanden hat. Für mich war es sehr spannend zu
beobachten, dass die Lehrerin auf jede Frage geduldig und ausführlich
eingegangen ist, egal, ob diese schon gestellt wurde oder nicht. Besonders
schön fand ich auch, dass sie sehr viel gelobt hat (für richtige Antworten und
für spezielle Fragen, die einen tiefergehenden Gedankengang vermuten
lassen).
Die Hospitation der ersten Gruppe von uns war danach
leider schon beendet, deswegen haben wir uns alle vor dem Lehrerzimmer
gesammelt, um dann zu entscheiden, was wir machen wollen. Wir hatten uns dafür
entschieden, gemeinsam ein kleines Lokal oder ähnliches zu finden, wo wir
gemütlich Mittagspause machen konnten. Glücklicherweise war schräg gegenüber
eine kleine Pizzeria, die auch Mittagsmenüs angeboten hat. Bei Pizza, Pasta
oder Suppe (ganz individuell) haben wir inspirierende Gespräche geführt, nicht
nur über unsere Erfahrungen während der Hospitation, sondern über ganz
unterschiedliche Themen.
Zurück in der Schule haben
wir uns für ein Gespräch mit Claudia Faller mit der anderen Hospitationsgruppe
getroffen. Gemeinsam führen wir an jeder Schule ein Interview mit der
Schulleitung oder einer für uns zuständigen Person. Dabei können wir alle
Fragen stellen und beantwortet bekommen, die während der Hospitation nicht
geklärt oder neu aufgeworfen wurden. Auf diese Weise sprechen wir diverse
Themen an, die uns beschäftigen, die schulspezifisch und/oder übergreifend
sind. So fragen wir zum Beispiel, welche Kulturen und Traditionen an der Schule
gepflegt werden, wie an dieser Schule evaluiert wird, welche besonderen
Lernangebote es gibt, wie mit Heterogenität umgegangen wird/inwieweit Inklusion
umgesetzt wird, ...
Bei dieser Schule gab es
natürlich auch ganz spezifische Besonderheiten, wie beispielsweise:
- Im Internet gibt es ein Forum ("Lob Mich"), in dem die SchülerInnen die LehrerInnen bewerten können. Zusätzlich holen sie sich einmal jährlich jemanden, der sie in ihrer großen Feedback-Einholung (von PädagogInnen, SchülerInnen und Eltern) unterstützt.
- Regeln wurden zusammen mit der SMV (also gemeinschaftlich mit SchülerInnen) erstellt. Daraufhin werden diese (neuen) Regeln in die Stammgruppen reingetragen und so wird gewährleistet, dass jeder Schüler und jede Schülerin Bescheid weiß, was verboten ist. Inwieweit Regelverstöße geahndet werden, hängt aber von der jeweiligen Lehrperson ab.
- Sechs Wochen im Jahr (am Stück) wird vernetztes Lernen angewandt. Das heißt, über dieses Zeitraum von sechs Wochen beschäftigen sich alle SchülerInnen mit einem fächerübergreifenden Thema/Projekt. Jeder Schüler bzw. jede Schülerin bekommt eine eigene große Mindmap mit den Fächern und sie können sich während dieser sechs vorbereitenden Wochen Notizen machen, wie die Unterrichtsinhalte fächerübergreifend vernetzt sind. Dabei sind die Projektgruppen altersdurchmischt. Am Ende werden die Ergebnisse bei einer Feier präsentiert.
- Immer in den letzten 30 Minuten des 90-minütigen Fachunterrichts sollen die SchülerInnen selbstständig den Unterrichtsstoff verinnerlichen (durch Übungen etc.), möglichst ohne Hilfe des Pädagogin bzw. der Pädagogin.
- Alle Eltern sollen 15 Stunden im Jahr an der Schule arbeiten/mithelfen (z.B. streichen, eine AG anbieten, in der Bibliothek oder Mensa aushelfen). Alternativ werden sie dazu angehalten, mehr Schulgeld zu bezahlen.
- Die SchülerInnen werden durch individuelle Coaching-Gespräche in ihrer Lernentwicklung begleitet und angeregt, worin sie sich noch verbessern können. Zusammen werden besondere Wochenziele festgehalten, aber besprochen wird auch, was einem bisher schon gut gelingt.
- Leistungen werden (bis zur 10. Klasse) mit Hilfe von Kompetenzrastern evaluiert. Dazu gehören Checklisten, die die Schritte auf dem Weg zu einer besseren Kompetenz zeigen. Der Übergang wird so gestaltet, dass SchülerInnen in der 10. Klasse sowohl mit dem Kompetenzraster als auch mit Noten bewertet werden. (Ohne Noten wären für das Abitur mehr (Abi-) Prüfungen nötig.)
Flur in der Jenaplan-Schule und wir auf dem Weg zum Unterrichtsbesuch |
Unsere Lernreise-Gruppe hat
dann, auf unsere vier Autos verteilt, Nürnberg verlassen. Der nächste Stop war
Landau, wo wir am folgenden Tag in der Montessori-Schule hospitieren würden.
Inzwischen hatte leider Schneefall eingesetzt, deshalb war die erste Hälfte der
Fahrt durch relativ schlechte Sichtverhältnisse charakterisiert. Zum Glück hat
uns das nicht unsere gute Auto-Laune verdorben. In der Schule angekommen,
wurden wir auf dem Parkplatz von Frau Lippert begrüßt, die im Schulgebäude auf
uns gewartete hatte. Mit einem gemütlichen Gespräch haben wir uns die (Warte-)
Zeit bis wir in die Turnhalle (unsere Unterkunft) hinein konnten verkürzt.
Zusammen sind wir in der Turnhalle angekommen und wurden von Edwin, dem
Hallenwart, herumgeführt. Dank "Teeküche" konnten ein paar von uns relativ
schnell damit beginnen, das Abendessen vorzubereiten, während der Rest das
Schlaflager (siehe Foto) hergerichtet hat. Wir konnten duschen und uns in Ruhe bettfertig
machen bevor wir mit einer Teamsitzung gestartet sind. Eingestiegen sind wir
mit drei Fragen (nacheinander):
1. Wie war dein Lernreisetag in drei Worten?
--> z.B. Herzklopfen, Motivation, Freundlichkeit, Euphorie, herzlich, lecker, Lernweg, Dankbarkeit
2. Was hat dich
heute bewegt?
--> z.B. die offene und dynamische Struktur, die Motivation der Lehrenden, das Lehrer-Schüler-Verhältnis, das Lerncoaching, ein super tolles Arbeitsblatt im Englischunterricht
--> z.B. die offene und dynamische Struktur, die Motivation der Lehrenden, das Lehrer-Schüler-Verhältnis, das Lerncoaching, ein super tolles Arbeitsblatt im Englischunterricht
3. Was möchtest
du (morgen) noch optimieren?
--> (Ziel für sich selbst:) aufmerksamer sein, früher aufstehen, damit wir wirklich pünktlich kommen trotz möglicher Verzögerungen
--> (Ziel für sich selbst:) aufmerksamer sein, früher aufstehen, damit wir wirklich pünktlich kommen trotz möglicher Verzögerungen
Abschluss des Tages war die
Vorstellung der Montessori-Schule Landau von Michelle. Damit haben wir uns
schon am Abend mental auf die nächste Hospitation einstellen können. Nachdem
wir alle informiert waren und einen Lichtschalter für das Deckenlicht der
Turnhalle gefunden hatten sind wir mehr oder weniger schnell in unsere
Schlafsäcke gehüpft und haben es uns so gemütlich gemacht wie möglich. Der Tag
war lang gewesen, aber vor allen Dingen, war es unglaublich interessant, aufregend,
anregend, spannend und hat Lust auf mehr gemacht.
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